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David Scharler
Design & Development Ninja

Farbenblindheit und Webdesign: Barrierefreiheit als Wachstumstreiber

Farbenblindheit & Web Design

Stellen Sie sich vor, ein signifikanter Teil Ihrer potenziellen Kunden nimmt Ihre sorgfältig gestalteten Websites, Landing Pages und E-Mails ganz anders wahr als beabsichtigt. Tatsächlich betrifft dies einen überraschend großen Teil der Bevölkerung: Schätzungen zufolge ist weltweit etwa jeder 12. Mann und jede 200. Frau von einer Form der Farbenblindheit betroffen. Bei europäischen Männern sind sogar 8% von einer Form der Rot-/Grünschwäche oder Farbenblindheit betroffen.

Das bedeutet, dass ein nicht unerheblicher Teil Ihrer Zielgruppe möglicherweise Schwierigkeiten hat, wichtige Informationen zu erkennen, sich auf Ihrer Website zu orientieren oder Call-to-Actions wahrzunehmen, wenn Farbe das einzige Unterscheidungsmerkmal ist. 

Ein inklusives Design ist daher nicht nur eine Frage der Barrierefreiheit, sondern auch ein entscheidender Faktor für das Wachstum Ihres Unternehmens. Hier möchten wir beleuchten, warum Farbenblindheit im Webdesign relevant ist und wie man Websites für alle Nutzer zugänglich und damit erfolgreicher gestalten kann.

Inhaltsverzeichnis
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    Was versteht man unter Farbenblindheit?

    Farbenblindheit, oder korrekter gesagt eine Farbsinnstörung, beschreibt die eingeschränkte Fähigkeit, alle Farben gut unterscheiden zu können. Dies ist in den meisten Fällen auf das Fehlen oder die Fehlfunktion bestimmter farbsensibler Zellen (Zapfen) in der Netzhaut des Auges zurückzuführen. Es gibt verschiedene Formen der Farbsehschwäche und Farbenblindheit:

    Anomalie – Farbsehschwäche

    Bei dieser Form sind alle drei Zapfenarten vorhanden, aber eine davon funktioniert nicht richtig. Dies führt zu einer abgeschwächten Farbwahrnehmung:

    • Protanomalie: Rotschwäche
    • Deuteranomalie: Grünschwäche (die häufigste Form)
    • Tritanomalie: Blauschwäche (sehr selten)

    Dichromasie – Teilweise Farbenblindheit

    Hier fehlt eine der drei Arten von Zapfen vollständig. Die auftretenden Formen sind:

    • Protanopie: Rotblindheit – Betroffene sehen Rottöne deutlich reduziert oder gar nicht.
    • Deuteranopie: Grünblindheit – Betroffene haben Schwierigkeiten, Grün- und Rottöne zu unterscheiden. Grün erscheint oft eher beige oder grau.
    • Tritanopie: Blaublindheit (selten) – Betroffene haben Schwierigkeiten, Blau- und Gelbtöne zu unterscheiden.

    Achromasie – Komplette Farbenblindheit

    Die seltenste Form, bei der Betroffene überhaupt keine Farben sehen, sondern nur Graustufen.

    Die Wahrnehmung von Farben basiert darauf, wie Licht unterschiedlicher Wellenlängen von diesen Zapfen absorbiert wird. Bei Farbenblindheit ist dieser Mechanismus gestört. Interessanterweise sind deutlich mehr Männer (ca. 8%) als Frauen (ca. 0,5%) betroffen, da die genetischen Defekte, die zu den häufigsten Formen führen, auf dem X-Chromosom liegen.

    Farbenblindheit Farbkreis
    Visualisierung der verschiedenen Arten von Farbenblindheit: der innere Kreis zeigt die »Normalsichtigkeit«, der äußere Kreis die Wahrnehmung mit der entsprechenden Farbenblindheit.

    Warum ist Farbenblindheit im Webdesign wichtig?

    Ein barrierefreies Webdesign ist kein Nice-to-have, sondern eine Notwendigkeit – sowohl aus ethischer als auch aus geschäftlicher Sicht. Für Ihr Unternehmen, das auf Wachstum durch effektive digitale Kommunikation setzt, bedeutet dies konkret:

    Verbesserte Benutzererfahrung (UX):

    Wenn ein potenzieller Kunde Schwierigkeiten hat, sich auf Ihrer Website oder Ihrer HubSpot Landing Page zurechtzufinden, weil wichtige Informationen nur durch Farbe unterschieden werden, wird er frustriert sein und Ihre Seite wahrscheinlich verlassen. Eine positive User Experience hingegen fördert Verweildauer, Interaktion und letztendlich Conversions.

    Einhaltung von Barrierefreiheitsrichtlinien:

    Richtlinien wie die WCAG (Web Content Accessibility Guidelines) fordern, dass Inhalte auch für Menschen mit Behinderungen zugänglich sein müssen. Dies beinhaltet, dass Farbe nicht das einzige Mittel sein darf, um Informationen zu vermitteln oder Elemente zu unterscheiden. Die Einhaltung dieser Richtlinien ist nicht nur eine Frage der Compliance, sondern auch ein Zeichen von Professionalität und Weitsicht.

    Inklusion als Wettbewerbsvorteil:

    Indem Sie Ihre WordPress- und HubSpot-basierten digitalen Assets für alle zugänglich machen, demonstrieren Sie Inklusivität und erweitern gleichzeitig Ihren potenziellen Kundenstamm. Dies kann ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein.

    Optimierung für Marketing-Erfolg:

    Stellen Sie sich vor, Ihre sorgfältig in HubSpot gestalteten E-Mail-Kampagnen verlieren an Wirkung, weil farbcodierte Informationen von einem Teil Ihrer Empfänger nicht richtig interpretiert werden können. Ein in den Farben angepasstes Design in Ihren E-Mails und Landing Pages stellt sicher, dass Ihre Botschaft bei allen ankommt und Ihre Marketingziele effektiver erreicht werden.

    Darstellung einer Farbpalette in verschiedenen Anwendungsfällen, von Flächen über Diagramme bis Schriften. Der Color Report zeigt an, bei welchen Farbkombinationen es besonders zu Unterscheidungsschwierigkeiten kommt. Erstellt mit Viz Palette von Elijah Meeks & Susie Lu – einem freu verfügbaren Tool, in dem man die eigene Farbpalette testen kann.

    Hier finden Sie das Beispiel mit der gezeigten Farbpalette.

    Rechtliche Anforderungen in Österreich und Deutschland

    Österreich

    In Österreich regelt das Barrierefreiheitsgesetz (BaFG) ab dem 28. Juni 2025 die Barrierefreiheit digitaler Angebote. Online-Shops und Websites müssen Informationen mehrkanalig bereitstellen, leicht verständliche Sprache verwenden und anpassbare Schriftgrößen sowie Kontraste bieten. Kontaktinformationen für Helpdesks sind ebenfalls erforderlich. Das Gesetz betrifft Hersteller, Händler und Dienstleister, wobei für kleine Unternehmen, die Dienstleistungen anbieten, Ausnahmen gelten. Bei Nichteinhaltung drohen Geldstrafen von bis zu 80.000 Euro.

    Mehr Informationen dazu auf der Website der Wirtschaftskammer.

    Deutschland

    In Deutschland tritt am 28. Juni 2025 das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft. Es verpflichtet Unternehmen, ihre digitalen Produkte und Dienstleistungen barrierefrei zu gestalten, um Menschen mit Behinderungen die Teilhabe am Wirtschaftsleben zu ermöglichen. Dies umfasst u.a. Websites, Apps und den Online-Handel. Die Anforderungen orientieren sich an der EU-Norm EN 301 549 und den WCAG 2.1 (Level AA). Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 100.000 Euro.

    Mehr Informationen dazu auf der Website des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes.

    Herausforderungen im Webdesign für Farbenblindheit

    Auch bei der Nutzung von leistungsstarken Plattformen wie WordPress und HubSpot CMS, die bereits viele Anforderungen der WCAG implementiert haben, gibt es spezifische Herausforderungen im Hinblick auf Farbenblindheit:

    Standardmäßige Farbpaletten und Themes

    Viele Standard-Themes und Farbpaletten in WordPress und HubSpot bieten möglicherweise nicht automatisch ausreichend Farbkontrast oder verwenden Farbe als alleiniges Unterscheidungsmerkmal. Hier ist eine bewusste Anpassung erforderlich.

    Visuelle Editoren

    Obwohl visuelle Editoren in WordPress und HubSpot die Gestaltung erleichtern, kann es schwierig sein, die tatsächliche Farbwahrnehmung für farbenblinde Nutzer ohne die richtigen Tools zu beurteilen.

    Datenvisualisierungen in HubSpot

    Bei der Erstellung von Berichten und Dashboards in HubSpot sollte darauf geachtet werden, dass farbcodierte Diagramme und Grafiken auch für farbenblinde Nutzer verständlich sind.

    Call-to-Action-Buttons

    Wenn die Unterscheidung zwischen einem Call-to-Action-Button und anderen Elementen ausschließlich auf Farbe basiert, kann dies für farbenblinde Nutzer problematisch sein.

    Best Practices und Lösungen für farbenfreundliches Webdesign

    Um sicherzustellen, dass digitale Assets in WordPress und HubSpot für alle zugänglich sind, haben sich folgende Best Practices bewährt:

    Farbe nicht als einziges Unterscheidungsmerkmal verwenden:

    • Es ist ratsam, Farbunterschiede durch klare Textbeschreibungen, Icons oder Muster zu ergänzen. Beispielsweise können Pflichtfelder in Formularen nicht nur rot gekennzeichnet, sondern auch mit einem Sternchen (*) versehen werden. 
    • Navigationsmenüs profitieren von klaren Textlinks und optionalen visuellen Hinweisen wie Unterstreichungen oder Rahmen bei Hover-Effekten.
    • Bei der Gestaltung von Landing Pages und E-Mails sollte darauf geachtet werden, dass wichtige Informationen immer auch in Textform oder durch Symbole vermittelt werden. 
    • Call-to-Action-Buttons sollten eine klare Beschriftung aufweisen und sich idealerweise auch durch ihre Form und Positionierung abheben.

    Ausreichenden Farbkontrast sicherstellen:

    • Besonders nützlich sind Tools zur Überprüfung des Farbkontrasts, wie z.B. mit whocanuse
    • Es sollte darauf geachtet werden, dass das Kontrastverhältnis zwischen Text und Hintergrund den WCAG-Richtlinien entspricht (mindestens 4.5:1 für normalen Text und 3:1 für großen Text). Dies gilt sowohl für Websites und HubSpot Landing Pages als auch für E-Mails.
    Who Can Use – Screenshot
    Auf der Website whocanuse.com kann man das Kontrastverhältnis und die Lesbarkeit von Hintergrund- und Schriftfarben überprüfen – besonders geeignet z.B. für Buttons und CTAs.

    Verschiedene Formen der Farbenblindheit berücksichtigen und simulieren

    Es empfiehlt sich, Simulationstools für Farbenblindheit (wie z.B. Coblis) zu nutzen, um zu überprüfen, wie die Website und die HubSpot-Inhalte für Nutzer mit unterschiedlichen Farbsinnstörungen aussehen. Dies ermöglicht es, potenzielle Probleme frühzeitig zu erkennen und zu beheben.

    Muster und Texturen in Datenvisualisierungen verwenden

    Bei der Erstellung von Berichten und Grafiken in HubSpot ist es sinnvoll, Datenreihen nicht nur durch Farbe, sondern auch durch unterschiedliche Muster oder Linienstile zu unterscheiden. Klare Legenden sind dabei unerlässlich.

    Klare Beschriftungen und Legenden

    Es sollte sichergestellt werden, dass alle visuellen Elemente, insbesondere Grafiken und Diagramme, eindeutig beschriftet sind und über klare Legenden verfügen, die auch ohne Farbunterscheidung verständlich sind.

    Fokus auf Form und Positionierung

    Die Nutzung von Form und Positionierung zur Hervorhebung wichtiger Elemente und zur Schaffung einer klaren visuellen Hierarchie ist empfehlenswert, anstatt sich ausschließlich auf Farbe zu verlassen. Gut strukturierte Layouts und eindeutige visuelle Hinweise helfen allen Nutzern, sich zurechtzufinden.

    Testen, testen, testen

    Gründliches Testen der Designs ist unerlässlich – idealerweise auch mit Nutzern, die von Farbenblindheit betroffen sind (falls möglich). Andernfalls helfen umfassende Simulationen und die Einhaltung der WCAG-Richtlinien.

    Nützen Sie Barrierefreiheit als Chance für nachhaltiges Wachstum!

    Die Berücksichtigung von Farbenblindheit im Webdesign ist ein wichtiger Schritt hin zu einer inklusiveren und nutzerfreundlicheren digitalen Präsenz. Indem Websites, Landing Pages und E-Mails in WordPress und HubSpot so gestaltet werden, dass sie für alle zugänglich sind, verbessert sich nicht nur die Benutzererfahrung, sondern es erschließen sich auch Potenziale für nachhaltiges Wachstum. Es lohnt sich, diese Aspekte in die Konzeption und Umsetzung digitaler Strategien zu integrieren!

    Tools und Ressourcen

    Weiterführende Informationen

    Tools und Simulationen

    Was versteht man unter Farbenblindheit?

    Farbenblindheit (eigentlich Farbsinnstörung) beschreibt eine eingeschränkte Fähigkeit, Farben zu unterscheiden, verursacht durch fehlende oder fehlerhafte Zapfen in der Netzhaut. Man unterscheidet Anomalien (z. B. Protanomalie, Deuteranomalie, Tritanomalie), Dichromasie (z. B. Protanopie, Deuteranopie, Tritanopie) und Achromasie (komplette Graustufensicht).

    Weltweit ist etwa jeder 12. Mann und jede 200. Frau betroffen; in Europa leiden rund 8 % der Männer an Rot-/Grünschwäche.

    Ein signifikanter Nutzeranteil erkennt ohne Alternativen zu reiner Farbgebung wichtige Elemente nicht, verlässt die Seite und konvertiert nicht. Barrierefreiheit steigert Verweildauer, Interaktion und Conversions und signalisiert Compliance mit WCAG-Standards.

    Ab 28. Juni 2025 regelt in Österreich das Barrierefreiheitsgesetz BaFG und in Deutschland das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz BFSG digitale Barrierefreiheit nach WCAG 2.1 AA bzw. EN 301 549. Verstöße können Bußgelder bis 80.000 € (AT) bzw. 100.000 € (DE) nach sich ziehen.

    Kontrastverhältnisse sollten ≥ 4.5 : 1 (Text) bzw. ≥ 3 : 1 (großer Text) gemäß WCAG sein. Tools wie Whocanuse prüfen Hintergrund-Text-Verhältnisse in Echtzeit.

    Coblis (color-blindness.com) oder der Color Report auf Viz Palette ermöglichen realistische Vorschauen für Protanopie, Deuteranopie, Tritanopie und Monochromatismus.

    • Farben nie als alleiniges Unterscheidungsmerkmal nutzen; ergänzend Icons, Muster oder Textlabels einsetzen
    • CTAs durch Form, Position und klare Beschriftung hervorheben
    • Farbpaletten auf Kontrast prüfen und anpassen
    • Simulationen regelmäßig in den Design-Workflow integrieren

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